Stadtplaner Ulrich Dilger aus Stuttgart berichtet auf dem Ehrenamtsabend im Evangelischen Migrations Centrum von einer neuen Form der Bürgerbeteiligung, die in der Landeshauptstadt sehr erfolgreich war: Beim Projekt Salz & Suppe trafen sich Kleingruppen aus unterschiedlichen Stadtvierteln und Bevölkerungsschichten zum gemeinsamen Kochen. Der Sinn dahinter: Für eine lebendige, offene und solidarische Stadt die Menschen an einen Tisch bringen und dabei Aktionen zur Stadtentwicklung zu schaffen.
Die ganze Stadt abbilden
Die Stadtplanung stelle häufig „Hardware“ wie Plätze oder Parks zur Verfügung, kümmere sich aber zu wenig um die „Software“. Damit meint Dilger die Begegnung zwischen den Bürgern. Das von ihm mitentwickelte Projekt sollte die ganze Stadt abbilden. „Wir wollten nicht, dass einzelne Quartiere über Probleme wie Hundetüten oder Sitzbänke diskutieren.“ Als große Leitthemen, die alle Bürger betreffen, standen deshalb Zuwanderung, Wohnraum, Nahverkehr, Generationen, Freizeit und Gesundheit in der Stadt zur Auswahl.
Blick für andere Lebenswelten
Bei der Zusammenstellung der Gruppen achteten die Macher auf Verschiedenheit. 16 Prozent aller Teilnehmer waren nicht in Deutschland geboren, viele Menschen hatten eine Behinderung. „Diese Gruppen waren nicht repräsentativ, sie sollten einfach eine möglichst große Vielfalt aufweisen“, erklärt der Stadtplaner. „Das öffnet den Blick für andere Lebenswelten, wenn zum Beispiel alle überlegen, wie ein Kollege im Rollstuhl in die Wohnung eines anderen kommen kann.“
Stadtplaner organisieren Bürgerbeteiligung
Auch in Sachen Alter reichte die Spanne vom Baby bis zum 80-Jährigen. An vier Abenden lernte man sich beim Kochen kennen und sprach über Probleme in Stuttgart und die wünschenswerten Idealzustände. „Bei unseren Kollegen im Stadtplanungsamt galten wir als Spinner“, erinnert sich Ulrich Dilger. „Sie fragten uns, wieso wir so etwas machen – und nicht Sozialpädagogen.“
Eigene Projekte erarbeitet
Am Ende hatte jede einzelne Kochgruppe ein Projekt erarbeitet, etwa einen Bauwagen als mobilen Treffpunkt oder die Verschönerung eines bestimmten Orts in der Stadt. „Interessanterweise ist keiner abgesprungen. In kleinen Gruppen lässt man sich nicht so schnell hängen“, glaubt Ulrich Dilger. Dieses Projekt für Bürgerbeteiligung verbinde Leute, die sich sonst nicht kennengelernt hätten. Zudem fördere es Demokratie, weil den Teilnehmern klar wird, dass sie selbst etwas bewegen können.
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