Seit sechs Wochen laufen die Proben zum neuen Kammertheater-Stück „Der Stripper“, zunächst alle Szenen einzeln, nun zum ersten Mal der komplette Ablauf. „Bis Ende der Woche sind alle Kostüme da – es kommen ständig neue dazu“, verrät Kammertheater-Intendant Ingmar Otto, der Regie führt und das Stück geschrieben hat. Klar, wo man sich auszieht, muss erstmal etwas angezogen werden.
Keine unförmigen Männer
Die Story handelt von einer Table-Dance-Bar, die ihre besten Zeiten hinter sich hat und mit tanzenden, hüllenlosen Herren gegen die Konkurrenz auf der Reeperbahn antritt. „Wir wollten aber nicht den achten Aufguss unförmiger Männern, die strippend irgendwas retten“, so Ingmar Otto in Anspielung auf Komödien wie „Ganz oder gar nicht“. Deshalb setzt er auf junge, durchtrainierte Schauspieler und Musical-Darsteller wie Carlo Schiavone, der zurzeit auch im Staatstheater-Stück „Hair“ auftritt.
Casting mit Piroutte
Gute Stimmung herrscht auf der Bühne, als Hauptdarsteller Marius Bechen und Choreograf Patrick Nitschke mit Mario Radosin, Oliver Hoß und Carlo Schiavone sportliche Tanz-Figuren zum Remix von „Sweet dreams“ hinlegen. „Wir brauchen keine zweite J.Lo“, raunt Bechen zu Hoß, als jener beim Tanz-Casting eine Piroutte einbaut. Auch Radosin alias Tiger fliegt raus, weil er mit einer 0815-Polizisten-Nummer überzeugen will. „Probier da, ihn noch mal mehr vorzuführen“, sagt Ingmar Otto zu seinem Schauspieler.
Theater wird zum Nachtclub umgebaut
Hits aus Pop und Schlager umschmeicheln auch die Parallelhandlung, eine Love-Story zwischen Johannes (Marius Bechen) und Sissi (Vera Weichel), die zunehmend brisanter wird, da er ihr seinen freizügigen Nebenjob verschweigt. Eingangs wird eine „Szenen“-Szene geprobt, in der Sissi Johannes vorwirft, dass er am Wochenende nie Zeit hat. Die Schauspieler bewegen sich auf einem x-förmigen Catwalk, für den die ersten drei Sitz-Reihen auf die Bühne verlegt werden, das Kammertheater wird zum Nachtclub verwandelt. „Brauchst du deine Handtasche in der Szene?“, fragt der Regisseur die Sissi-Darstellerin. „Ja, ich lege sie bedeutungsvoll ab“, antwortet Vera Weichel.
Bis zuletzt wird gefeilt
Außerdem braucht sie das darin aufbewahrte Taschentuch in der nächsten Szene, als sie beim Shoppen ihre Mutter (Michaela Hanser) trösten muss, die wieder von einem jugendlichen Lover sitzengelassen wurde. „Vielleicht solltest du dich mal unter etwas älteren Männern umschauen“, versucht es die Tochter, doch da hat die Mutter schon den jungen Verkäufer im Blick. Bis zur Premiere feilt Ingmar Otto am Arrangement, auch der Text bleibt nicht wie im Skript. „Da ändert sich noch einiges, je mehr die Szenen sich verzahnen“, sagt der Regisseur. „Es ist von Vorteil, wenn man das Stück selbst geschrieben hat – da gehe ich nicht so zaghaft mit dem Text um und werfe ganz uneitel Stellen wieder um, wenn sie anders besser funktionieren.“
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