Internationaler Frauentag. Ist der denn noch immer notwendig? “Wir haben die Gleichstellung noch nicht erreicht”, ist die eindeutige Antwort von Antifeminismus-Forscherin Len Schmid, als sie am Freitagabend auf der Bühne des Tollhauses steht. Beim Auftakt der Karlsruher Frauenwochen, der Veranstaltung „Zusammenstehen für Frauenrechte“, wird schnell klar: Feminismus bleibt für viele ein zentrales Thema.
Antifeminismus empört Publikum
Len Schmid von der Fachstelle gegen Antifeminismus und Queerfeindlichkeit Baden-Württemberg zeigt dem Publikum verstörende Bilder: Hasskommentare in Social Media, die Frauen „zurück an den Herd“ wünschen, Karikaturen, die den Gender Pay Gap rechtfertigen, Texte von Pick-up-Artists (Aufreiß-Künstler) und Demonstrationen mit Särgen und Kreuzen gegen das Recht auf Abtreibung. „Diese Bilder machen es mir leicht, zu erklären, was Antifeminismus ist“, sagt sie.
Das Publikum reagiert empört auf die Bilder. Die Zuschauerinnen – ja, es ist eine reine Frauenveranstaltung – buhen, als Len ein besonders frauenverachtendes Video zeigt. „Es ist wichtig, dass es Anlaufstellen für Betroffene von Antifeminismus gibt“, betont Len Schmid. Eine solche Anlaufstelle ist beispielsweise ihre Fachstelle, an sie können sich Frauen wenden, wenn sie sich diskriminiert fühlen.
Rund 300 Frauen sind an diesem Abend zu der Veranstaltung vom Kulturzentrum Tollhaus und dem Internationalen Begegnungszentrum Karlsruhe in Kooperation mit dem Verein Sozpädal und der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Karlsruhe gekommen.
Neben Len Schmid tritt auch die Poetry-Slammerin Laura Gommel auf, die in ihren Texten Feminismus aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet – inklusive ihrer ambivalenten Haltung zu BHs. Auch die Musikerinnen Antje Schumacher und Jutta Werbelow lockern die ernste Stimmung mit Songs von Marilyn Monroe und Aretha Franklin immer wieder auf.
Das scheint an diesem Abend notwendig. Denn die 21 Infostände von Frauenorganisationen im Foyer des Tollhauses zeigen zwar, dass es viel Engagement in Richtung Gleichstellung gibt. Gleichzeitig scheinen all die Vereine, die Hilfsangebote für Frauen in Not oder zur Unterstützung von Frauen im Beruf anbieten, auch heutzutage eine traurige Notwendigkeit zu sein.
Abtreibungsgegner belästigen Schwangere
Julia Freiburg am Stand der Beratungsstelle pro familia bestätigt im Gespräch die von Len Schmid angesprochene Radikalisierung von Antifeministen. „Bis 2024 haben Abtreibungsgegner zweimal im Jahr 40 Tage lang vor unserer Beratungsstelle in Pforzheim demonstriert, seit dem Belästigungsverbot 2024 müssen sie immerhin 100 Meter Abstand halten“, berichtet sie.
Die Abtreibungsgegner belästigten Julia Freiburg zufolge betroffene Frauen und hielten Schilder mit Aufschriften wie „Mama, töte mich nicht“ hoch. Und das nur, weil pro familia unter anderem auch Schwangerschaftskonfliktberatung anbietet. Das ist die Beratung, die eine Frau in Deutschland in Anspruch nehmen muss, um straffrei abtreiben zu können. Denn obwohl schon bei den Internationalen Frauentagen vor über 100 Jahren Frauen für das Recht auf Abtreibung auf die Straße gingen, ist sie in Deutschland nicht legal. Der Paragraph 218a im Strafgesetzbuch regelt allerdings, dass eine Abtreibung unter bestimmten Voraussetzungen straffrei ist.
Julia Freiburg wünscht sich, dass sie ganz legal ist: „Die Entscheidung ist auch ohne strafrechtlichen Kontext schwer genug, darum spricht sich pro familia für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen aus.”
Demonstration für Frauenrechte in Karlsruhe
Viele Feminist*innen sehen das genauso – auch in Karlsruhe. Am 8. März startet darum um 15 Uhr die Demonstration “Patriarchat und Kapitalismus stürzen” vom Frauenbündnis Karlsruhe auf dem Friedrichsplatz.
“Paragraph 218 muss endlich fallen, Frauenhäuser müssen ausreichend finanziert werden”, heißt es in der Ankündigung der Partei Die Linke. “Fast jeden Tag findet ein Femizid statt. Dem stellen wir uns entschieden entgegen!” Im Anschluss geht das Programm bei der Abendveranstaltung ab 18:30 Uhr im Jubez am Kronenplatz weiter.
Die angekündigte Demonstration und die Veranstaltung im Tollhaus zeigen: Der Internationale Frauentag bleibt für Frauen in Karlsruhe nach wie vor relevant. Ob im Netz, auf der Straße oder in der Politik – Frauenrechte sind offenbar auch 2025 keine Selbstverständlichkeit. Wer sich weiter über das Thema informieren möchte, hat während der aktuell laufenden Frauenwochen die Möglichkeit dazu.
Events für Frauenrechte in Karlsruhe
Theater und Partys am 8. März
Das Badische Staatstheater bietet am 8. März eine Lesung, ein Theaterstück und eine Party an. Um 11 Uhr geht es los mit der interaktiven Lesung „Mädchenschrift“ von Özlem Özgül Dündar in der INSEL, Karlstraße 49 b. In der Lesung mit drei Schauspielerinnen wird behandelt, was es bedeutet, als Mädchen* erwachsen zu werden. Eine weitere Vorstellung gibt es am 22. Juni.
Am Weltfrauentag ab 18.30 Uhr zeigt das Theater im Kleinen Haus das Stück “Der Sturm, mein Lieblingswetter” von William Shakespeare in einer Bearbeitung von Ariane Koch.
Abends legt die popfeministische Karlsruher DJane-Ikone Karin Rothschink ab 21.30 Uhr kostenfrei im Staatstheater auf.
Auch im P8 gibt es eine Party zum Weltfrauentag: Ab 19 Uhr startet unter dem Titel “La Figue” ein Konzert mit Rave.
Kunst, Begegnung und Diskussion bei den Frauenwochen
Gemeinsam kochen und essen stehen im Begegnungszentrum Haus Lavigerie in der Amalienstraße 38 in der Innenstadt-West auf dem Plan. Beginn ist am 8. März um 15 Uhr. Das Thema lautet “Fasten im Christentum und im Islam”. Die Anmeldung ist unter iifgka@web.de möglich.
Im Badischen Landesmuseum gibt es am 9. März jeweils ab 14.30 Uhr und ab 15.30 Uhr eine Führung unter dem Titel “Frauen in der Antike: Herrscherinnen oder Dienerinnen ohne Rechte?“. Sie kostet drei Euro plus den Eintritt ins Museum.
Ein Live-Interview zum Thema “Mutter sein” wird am 11. März in der Rundum Hebammenpraxis in der Gottesauer Straße 26 angeboten. Dabei erzählen Mütter aus Karlsruhe von ihren Herausforderungen. Die Veranstaltung für Mütter, Schwangere und Kinder beginnt um 15 sowie um 16.30 Uhr.
Das GEDOK Künstlerinnenforum Karlsruhe zeigt bis zum 30. März Foto- und Videokunst von 18 Künstlerinnen aus dem Iran. Die Ausstellung “I am right here” soll den Künstlerinnen aus ihrem Land heraus eine Stimme geben. Die Galerie in der Markgrafenstraße 14 ist mittwochs, donnerstags und freitags von 17 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 14 bis 16 Uhr geöffnet.
0 Kommentare 8. März: Events für Frauenrechte in Karlsruhe