Die neue Sonderausstellung „Unrecht & Profit“ im Badischen Landesmuseum beleuchtet die dunkle Seite des Museums: Sie zeigt Objekte, die während der NS-Zeit unrechtmäßig in die Sammlung gelangten. „Wir stellen uns unserer Verantwortung und machen das begangene Unrecht so transparent wie möglich“, sagt Museumsdirektor Eckhardt Köhne.
Der Eingang zur Ausstellung „Unrecht & Profit“ ist düster, auf einem Foto ist das Karlsruher Schloss mit großen Hakenkreuzfahnen zu sehen. Es ist aus dem Jahr 1933, der Zeit, in der das Badische Landesmuseum zwölf Jahre lang unrechtmäßig Objekte erwarb. Objekte, die Juden gehörten, die vertrieben, verschleppt oder getötet wurden.
Ein Stofftier steht symbolisch für die geraubten Gegenstände
Objekte wie das Plüsch-Kaninchen aus dem Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von Judith Kerr, das die Protagonistin des Buchs bei ihrer Flucht vor den Nazis zurücklassen musste. In Anlehnung an das Buch steht am Eingang der Ausstellung ein Stofftier in Kaninchenform. Auch die Wegweiser in der Ausstellung sind ein sitzendes Kaninchen. Denn wie im Buch geht es in der Ausstellung nicht nur um teure Wertgegenstände und Bilder, die die Nationalsozialisten raubten. Es geht um ganz alltägliche Gegenstände, die vor allem für ihre Besitzer einen Wert hatten.
Etwa um die Münzsammlung, von der Katharina Siefert vom Referat Kunst- und Kulturgeschichte des Landesmuseums erzählt. Laut Beleg übergab die Jüdin Clara Sigmann-Seidel 1939 ihre Münzsammlung als „Schenkung“ an das Badische Landesmuseum. Dass die Schenkung unter Zwang geschah, wurde klar, als Clara Sigmann-Seidel nach ihrer Flucht in die USA im Jahr 1950 ihre Münzsammlung zurückforderte. 1956 erhielt sie lediglich 22 Münzen und eine Entschädigung von 200 200 Deutsche Mark plus Zinsen, der Rest der Sammlung galt als verschollen.
Umso erfreulicher war es für Siefert, als sie und ihr Team die Münzen im Depot aufspürten und 2017 an Sigmann-Seidels Enkelin übergeben konnten. Heute erinnern in der Ausstellung nur noch leere Münzpappen an die einstige Sammlung. „So eine Rückgabe an die Nachfahren der Opfer ist wichtig für die Aufarbeitung der Ungerechtigkeit“, betont die promovierte Kunsthistorikerin Katharina Siefert.
Provenienzforschung geht der Herkunft der Objekte nach
Seit 2010 sucht sie am Badischen Landesmuseum nach verschollenen Gegenständen aus der NS-Zeit und nach den Eigentümern von etwa 840 Gegenständen, die das Museum zwischen 1933 und 1945 unrechtmäßig erwarb. Provenienzforschung nennt sich diese Suche nach der Herkunftsgeschichte von Kulturgütern. Dabei nutzen Siefert und ihr Team digitale Datenbanken, Auktionslisten sowie das Fachwissen der Kolleg*innen im Haus, beispielsweise aus der archäologischen Abteilung.
In einem interaktiven Bereich der Ausstellung können Besucher selbst in die Rolle von Provenienzforscher*innen schlüpfen und sich an eigenen Recherchen versuchen. So erfahren sie hautnah, wie schwierig diese Aufgabe sein kann.
Gegenstände aus den Nachbarländern erschweren die Suche
Denn die 70 Objekte, die in der Ausstellung zu sehen sind, gelangten auf ganz verschiedene Arten in das Museum. Einige wurden unter Zwang abgegeben, andere stammten aus Wohnungen deportierter Jüdinnen und Juden, die durch die Polizei geräumt wurden. Auch Hausrat aus Frankreich, der in über 230 Containern nach Karlsruhe kam, wurde teilweise vom Museum übernommen. „Die Gegenstände waren eigentlich für fliegergeschädigte Deutsche gedacht – aber auch Museumsgut war darunter“, erklärt Siefert.
Angesichts der Vielzahl an Objekten mit unklarer Herkunft gelingt es nicht immer, die ursprünglichen Eigentümer zu ermitteln. Etwa im Fall eines griechischen Weinmischgefäßes, eines sogenannten Kraters, dessen Herkunft Katharina Siefert nicht ermitteln konnte.
Doch auch dafür hat sie eine Lösung: „Wir tragen solche Gegenstände in die Datenbank Lost Art ein“, erklärt sie. Über diese Plattform hofft sie, die rechtmäßigen Eigentümer oder ihre Nachfahren zu finden. Denn mit der Ausstellung will das Badische Landesmuseum nicht nur Missstände sichtbar machen, sondern auch Verantwortung übernehmen. Und bis die wahren Besitzer gefunden werden, erinnert das Museum mit seiner Sonderausstellung an das begangene Unrecht und ruft die Besucher*innen zur Auseinandersetzung damit auf.
Alle Infos zum Besuch der Ausstellung
Die Ausstellung „Unrecht & Profit – Das Badische Landesmuseum im Nationalsozialismus“ ist vom 12. April bis 28. September 2025 geöffnet. Ab dem 29. September schließt das Museum für mehrere Jahre. Besucher können die 70 Objekte dienstags bis donnerstags von 10 bis 17 Uhr sowie freitags bis sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr besichtigen. Die Sonderausstellung ist im Eintrittspreis zu den Sammlungsausstellungen des Museums inbegriffen und freitags ab 14 Uhr kostenfrei.
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