Im Rintheimer Bahnhöfle herrschte in den vergangenen acht Jahren Hochbetrieb: Tellerweise Schnitzel mit Kartoffelsalat, Grillhähnchen mit Pommes und Käsespätzle an Salatbouquet verließen die Küche des ungewöhnlichen Zug-Restaurants. Als originelles Highlight fuhr sogar eine Modelleisenbahn zwischen Tischen und Bar hin und her und servierte den Verdauungsschnaps. Der historischen Salonwagen steht seit über 30 Jahren neben den Rintheimer Kleingärten am Bahnübergang hinter der Dreschhalle. Zum 31. August wird das Restaurant darin nun schließen.
Schon lange ein Familienbetrieb
Torsten Deurer führt das Restaurant mit seiner Familie seit 2015, kennt den Waggon aber schon viel länger. „Meine Frau kommt aus Rintheim und wurde bei unserer Hochzeit hierher entführt. Das war 1990, damals hat ein älteres Ehepaar hier ein Lokal betrieben“, erinnert er sich. Die Deurers zogen damals nach Kleinsteinbach, als Torsten Deurer 2013 wieder nach Rintheim kommt, um seinem Sohn beim Spaziergang das Zug-Restaurant zu zeigen, ist der Schock groß. „Der Waggon war total versprüht und versifft, überall lag Sperrmüll.“ Weil Torstens Sohn Maximilian gelernter Koch und Patissier ist, entstand die Idee, hier selbst ein Restaurant aufzumachen.
Deurer Senior machte sich also auf zum Vorstand der Eisenbahn-Gärtner, denen der Wagon und das Gelände gehört. „Die haben direkt gesagt: ‚Nee, das Ding kommt weg.‘ Es sei kein Geld da, um den Wagen zu reparieren.“ Doch er konnte sie umstimmen, erneuerte die Küche auf eigene Kosten, dafür kam der Verein ihm mit der Pacht entgegen. Eröffnet wurde am 1. März 2015, damals noch als Restaurant Hühnerhalt mit Schwerpunkt Geflügel. Einige Jahre später änderten die Deurers den Namen in Rintheimer Bahnhöfle. „Hier lag zwar nie ein Bahnhof, aber 1919 wurde zumindest einer an dieser Stelle genehmigt“, erzählt der Wirt.
Historischer Waggon mit bewegter Geschichte
Aber wie kam der Eisenbahnwagen in die Kleingartenanlage? Er stammt aus dem Jahr 1928 und wurde einst für Alexander I. gebaut, den damaligen König von Jugoslawien. Nachdem dieser in Marseille einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war, brachte man ihn in seinem Zug in die Heimat zurück, die er aber nicht mehr lebend erreichte.
Der Wagen wechselt danach mehrmals den Besitzer, bis er als Eigentum der Deutschen Bundesbahn in den Leihwagenpark eingestellt wird. Hier entdeckt ihn 1965 Konrad Adenauer und nutzt ihn für seine Wahlkampf-Tour durch Deutschland. Ende der 70er-Jahre wird der Zug schließlich zur Ruhe gesetzt und rostet auf einem Abstellgleis in Duisburg vor sich hin – bis die Bundesbahn-Kleingärtner in Rintheim den Politiker-Waggon a.D. nach Karlsruhe holen …
In den vergangenen acht Jahren hat sich das Zug-Restaurant unter der Regie von Familie Deurer einen Namen gemacht und Gäste von Heilbronn bis Lahr sowie aus der Pfalz bewirtet. Ausbleibende Kundschaft ist also nicht der Grund für die Schließung, sondern die Wirtschaftlichkeit. „Es rechnet sich nicht mehr. Um unsere Fixkosten zu kompensieren, müssten wir eigentlich 25 Euro für ein Schnitzel verlangen“, sagt der Wirt.
Auch das einmalige Ambiente und die abgeschiedene Lage bringen nicht nur Positives mit sich: In den vergangenen Wochen kam es wiederholt zu Vandalismus am Rintheimer Bahnhöfle, wobei ein Fenster des historischen Wagens eingeschlagen und Teile der Aussenbestuhlung beschädigt wurden. „Das vermiest einem die Sache natürlich, wenn Leute einbrechen und einen Sachschaden von mehreren Tausend Euro verursachen“, ärgert sich 61-Jährige.
Zum Abschied wird’s nochmal laut
Ob er weiter im Gastgewerbe bleibt, nachdem er sein Zug-Restaurant am 31.8. endgültig zugesperrt hat, ist ungewiss. „In Durlach gibt es ein paar interessante Gastro-Objekte. Aber ich weiß noch nicht, ob ich dort was Neues anfange.“ Sicher ist allerdings, dass es für das Team vom 17. bis 23. Juli zunächst in Urlaub geht und zum Abschied des Rintheimer Bahnhöfle am 26. August eine große Party steigt! Dann legt der Wirt persönlich auf, jedes Getränk kostet vier Euro und es gibt alles zu essen, was die Küchen-Vorräte hergeben.
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