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Wärmebett Babyklappe Karlsruhe
Fotos: Mark Damian

Projekt Findelbaby: Wenn Eltern ihr Neugeborenes abgeben

In Neureut wurde vor über 20 Jahren eine Babyklappe eingerichtet

Es ist ein gewöhnliches Gebäude mitten im Wohngebiet von Neureut – doch hier wurde schon 29 Kindern ein ungewöhnlicher Start ins Leben ermöglicht. Etwas versteckt hinter einer Ligusterhecke liegt die einzige Karlsruher Babyklappe. Hier können Eltern in Not ihr Neugeborenes anonym in vertrauensvolle Hände abgeben.

Babyklappe eröffnete 2001

Die Babyklappe gehört zum Projekt Findelbaby, Träger sind das Diakonische Werk Karlsruhe und die Hardtstiftung, eine Jugend- und Familienhilfeeinrichtung. Die Initiative für die Babyklappe kam Ende der Neunzigerjahre von einem Karlsruher Ehepaar. Zu dieser Zeit gab es viele Schlagzeilen über tot aufgefundene Säuglinge, in Hamburg wurde deshalb die erste Babyklappe Deutschlands ins Leben gerufen. Davon inspiriert, wurde 2001 auch in Karlsruhe ein sicherer Abgabeort geschaffen – die erste Babyklappe in Baden-Württemberg.

Ursula Kunze Babyklappe Karlsruhe
Ursula Kunz vom Diakonischen Werk arbeitet für das Projekt Findelbaby

In der Schönenberger Straße 3 steht hinter der alarmgesicherten Klappe rund um die Uhr ein auf 37 Grad geheiztes Wärmebettchen. Dort findet sich ein Brief, in dem verständnisvoll auf die Situation und das weitere Vorgehen eingegangen wird und es gibt die Möglichkeit, zur Erinnerung einen Stempelabdruck von Hand oder Fuß des Babys zu machen.

Ehrenamtliche teilen sich den „Klappendienst“

13 Ehrenamtliche teilen sich den „Klappendienst“, damit rund um die Uhr jemand verfügbar ist. Dafür gibt es ein Handy, das mit dem Alarm an der Babyklappe verbunden ist. „Wenn das Handy läutet, muss man alles stehen und liegen lassen und ganz schnell hierherkommen. Das kann um jede Tag- und Nachtzeit sein,“ sagt Ursula Kunz vom Diakonischen Werk Karlsruhe. Sie arbeitet hauptberuflich in der Schwangerenberatung der Diakonie und ist seit zwölf Jahren für das Projekt Findelbaby tätig, zusammen mit ganz unterschiedlichen Menschen und sogar einem Familienteam.

Ehrenamtliche Projekt Findelbaby Karlsruhe
Sieben Teams sind rund um die Uhr im Einsatz – eines hat immer „Klappendienst“

Liegt dann tatsächlich ein Baby im Wärmebettchen, heißen die Mitarbeitenden vom Projekt Findelbaby es erst einmal willkommen. Dann versorgen sie das Kind, müssen oftmals den Nabel noch richtig abbinden, damit es nicht blutet. Anschließend wird ein Foto gemacht und frische Kleidung angezogen. Auch einen Namen bekommt der neue Erdenbürger vor Ort. „Wir haben immer ein paar Namensvorschläge auf einer Tafel stehen,“ lächelt Ursula Kunz. Dann geht es mit dem Kleinen in die Kinderklinik, um sicherzustellen, dass es ihm gut geht.

29 Kinder wurden schon abgegeben

In den vergangenen 22 Jahren sind auf diese Weise in Karlsruhe schon 29 Kinder ins Leben gestartet. Ein absehbares Muster, wie oft es zum „Klappeneinsatz“ kommt, gibt es laut der Sozialpädagogin nicht. „Das lässt sich schwer voraussagen. Wir hatten in einer Woche schon zwei Kinder – und dann vier Jahre kein einziges.“ Für den Anfang kümmert sich erstmal eine Bereitschaftspflegefamilie um das Baby. Nachdem den leiblichen Eltern genug Zeit eingeräumt wurde, ihre Entscheidung zu überdenken, kommt das Kind in eine Adoptionsfamilie. Sobald die Adoption rechtskräftig ist – in der Regel nach einem Jahr – haben die biologischen Eltern keinen Anspruch mehr auf das Kind.

Sprechzimmer Projekt Findelbaby Karlsruhe
Eltern, die ihre Kinder abgeben, kommen aus allen Gesellschafts- und Altersklassen

Natürlich stellt sich immer die Frage, aus welchen Situationen heraus Eltern ihre Kinder in die Babyklappe geben. „Da wir früher nichts über sie wussten, sind meine Fantasien immer dahin gegangen, dass die betroffenen Frauen aus sehr schwierigen Lebenssituationen kommen. Dass kein Geld da ist, sie vielleicht obdachlos sind oder Gewalt erlebt haben“, sagt Ursula Kunz. Seit 2014 gibt es das Gesetz zur vertraulichen Geburt, das es Schwangeren ermöglicht, anonym und sicher unter ärztlicher Betreuung zu gebären. Seither erfahren die Mitarbeitenden mehr über die Mütter, die ihre Kinder weggeben. „Es geht wirklich durch alle Gesellschaftsschichten und Altersklassen hindurch. Aber noch nie gab es eine Situation, in der ich die Entscheidung der Frau nicht nachvollziehen konnte,“ gibt die Projektverantwortliche zu.

Kinder werden adoptiert

Manche der Kinder kommen mit ihren Adoptiveltern zur Babyklappe, wenn sie älter sind. Sie wollen den Ort sehen, an dem sie abgeben wurden. „Die Kinder, die ich hier erlebt habe, gehen entspannt damit um“, lächelt Ursula Kunz. „Als wäre es das Normalste auf der Welt aus, der Babyklappe ins Leben zu starten.“

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