Sie klingt anders, als sie auf manchen Fotos wirkt: nicht skeptisch und lasziv, sondern aufgeschlossen und gut gelaunt. Eine, mit der man sich gerne unterhält. Kein Wunder, dass Graffiti-Künstlerin Emesa nach einem Jahr in Karlsruhe schon viele Freunde und Kooperationspartner gefunden hat – online und im „echten“ Leben.
Frauenköpfe sind ihr Hauptmotiv
Ende Juli gestaltete sie die Ausstellung ExpoStation im Sybelcentrum mit und bemalte zwei Räume mit übergroßen Frauenköpfen. „Ich bin froh, dass auch ich als Newbie gefragt wurde, ob ich mitmachen will. In dem einen Zimmer habe ich sofort etwas Rotes gesehen, das zweite hat als Kontrast eine kalte Farbe bekommen“, sagt die Sprayerin.
Die meisten der Ladys, die in ihren Wandgemälden das Hauptmotiv bilden, haben eine grünliche Gesichtsfarbe. „Ich male total gern in diesen Alien-Tönen – normal finde ich langweilig …“ In Karlsruhes Stadtbild hat die 25-Jährige bereits farbenprächtige Spuren hinterlassen: am Messplatz und entlang der Alb bei Vogesenbrücke und Europabad.
Ortswechsel machen kommunikativ
„Wenn ich draußen male, lege ich meine Bilder in die Hand der Straße und habe keine Kontrolle mehr, was damit passiert. Aber damit bin ich ganz entspannt, sobald ich Fotos gemacht habe“, sagt Emesa. Ihr Künstler-Tag ist die Verlautschriftlichung der Initialen M.S.A. – ihr voller Name lautet Marija Silvija Ambrazeviciute. Sie wurde in Litauen geboren, zog als Kind mit den Eltern nach London und als Teenager in den Schwarzwald. „Die Ortswechsel haben mich gelehrt, kommunikativ zu sein und mich zu integrieren. Ich versuche überall, wo ich bin, das Positive zu sehen. Man macht sich die Plätze schön!“
Von Karlsruhe hatte die ausgebildete Grafikerin schon immer ein sehr warmes und angenehmes Bild, verrät sie. Und das habe sich in der Zeit, in der sie hier wohnt, auch bestätigt. Von ihrem Domizil in der Südweststadt aus radelt sie fast jeden Tag an die Akademie, wo sie freie Kunst, Malerei und Grafik studiert. Wenn sie gerade nicht in ihrem Atelier steht und an Grafiken oder klassischen Gemälden arbeitet, sprüht sie draußen großformatige Graffiti auf Brückenpfeiler und Betonwände.
Von Lörrach bis Lissabon
Nicht nur in der Fächerstadt, auch in Berlin, Amsterdam, Lissabon, Lörrach, Achern oder Zell am Harmersbach, ihrem Heimatort. Hier hat sie einen Pavillon im Stadtpark bemalt, nicht weit entfernt von dem verlassenen Haus im Wald, in dem sie vor viereinhalb Jahren ihr erstes Graffiti sprühte. Heute begeistert Marija ihre Fans auf Social Media-Kanälen oder Streetart-Festivals und fertigt Auftragsarbeiten für Stadtverwaltungen und Gastronomen an. „Das ist ein guter Nebenjob, vor allem in der ersten Corona-Zeit hat es für viele Bars oder Clubs gerade gut gepasst und sie wollten sich ein bisschen verschönern.“
Die Frauen auf ihren Bildern wirken stolz, stark und selbstbewusst. „Ich mag den Look, aber ich möchte damit kein bestimmtes Frauenbild transportieren. Nur gute Vibes verbreiten“, sagt die Künstlerin. In der Graffiti-Szene herrscht das ungeschriebene Gesetz, dass sich für einen besseren Künstler halten muss, wer das Werk eines anderen übermalt. Das traut sich in Emesas Fall offenbar keiner. Ihre Graffitis in Karlsruhe sind alle noch da.
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