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Karlsfurs Karlsruhe
Fotos: Nina Setzler

Karlsfurs: im Ganzkörper-Pelz durch die Innenstadt

Die Suitwalker bilden eine besondere Szene / Treffen in Karlsruhe alle zwei Monate

In seiner Freizeit verwandelt sich Software-Architekt Ben Scholzen gerne mal in einen Beutelwolf. Der Karlsruher organisiert sogenannte Suitwalks, bei denen sich erwachsene Menschen als plüschige Tiere verkleiden. Dahinter steckt eine spezielle Subkultur, das Furry-Fandom, mit Zehntausenden Anhängern weltweit. Was sie alle vereint? „Wir interessieren uns für anthropomorphe Tiere, also Tiere mit menschlichen Eigenschaften – wie etwa der Fuchs bei Robin Hood“, erklärt Ben, der den Karlsfurs-Suitwalk 2015 ins Leben rief.

Ben Schlozen Karlsfurs Karlsruhe
Ben Scholzen arbeitet als freiberuflicher Software-Experte, wenn er nicht gerade im Beutelwolf-Kostüm steckt

Neben der Fächerstadt treffen sich die Pelz-Enthusiasten auch in vielen anderen Städten weltweit, entstanden ist die Bewegung in den 1980er-Jahren auf Comic- und Sci-Fi-Conventions in den USA. Fans von anthropomorphen Tierfiguren wie Micky Maus und Donald Duck begannen, eigene Charaktere zu zeichnen und aufwendige Kostüme zu kreieren. Diese kosten oft Tausende Euro, wie Ben erzählt: „Fursuits fangen bei 2.500 Euro an, sie können aber auch mal 15.000 Euro teuer sein!“ Sein Kostüm hat der älteste Fursuit-Macher der Szene angefertigt: AtalontheDeer, der viele Jahre in Durlach lebte.

Power-Anzug für introvertierte Helden

Neben exotischen Tieren wie dem heute ausgestorbenen Beutelwolf sieht man bei den Suitwalks vor allem Füchse, Hunde oder Katzen. „Im Furry-Fandom sucht sich jeder seine eigene Fursona aus, das ist ein Kofferwort aus Furry und Persona. Viele nehmen ein Tier, das zu ihrem Charakter passt, andere finden eine bestimmte Kreatur faszinierend, das ist ganz unterschiedlich“, erzählt Ben. Katzen seien beispielsweise ein Garant für Chaos, so der Suitwalk-Veranstalter. „Mein Beutelwolf hingegen ist einfach nur verspielt“, lacht er. Jede Fursona hat einen individuellen Namen, der zur Persönlichkeit und Identität passt. Ben etwa heißt im Furry-Fandom „Lagunta“, so haben die australischen Aborigines den Beutelwolf genannt. 14 weitere Menschen auf der Welt haben dieses Raubtier ebenfalls als pelziges Alter Ego gewählt – das weiß Ben so genau, weil er sich mit ihnen in einer gemeinsamen Telegram-Gruppe austauscht.

Karlsfurs Suitwalk Karlsruhe
Bei den Suitwalks spazieren Wolf, Hund und Katze Seite an Seite – und liegen sich auch mal in den Armen!

Ein interessanter Aspekt des auffälligen Spektakels, das alle zwei Monate (außer im Hochsommer) in Karlsruhes City stattfindet: Bei introvertierten Mitgliedern dieser Gemeinschaft wirken die Tierkostüme wie ein schützender Mantel, der sie in der Öffentlichkeit zu geselligen Individuen werden lässt. „Viele von uns sind relativ schüchtern. Wenn wir im Suit stecken, trauen wir uns mehr zu und nehmen das sogar oft mit in unseren Alltag ohne Suit“, so der 37-Jährige Ben. Er selbst hat durch einen Zufall zur Furry-Szene gefunden, als er Mitglied der Piratenpartei war. Dort wurde nach hitzigen Diskussionen zur Entspannung manchmal My Little Pony geschaut. Die Animationsserie inspirierte ihn, zur My Little Pony-Convention in Stuttgart zu gehen. „Für diese Messe hatte AtalontheDeer Kostüme designt, die mich faszinierten. Also bat ich ihn, mir auch einen Ponysuit anzufertigen“, beschreibt Ben die Anfänge. Später sah er weitere Kostüme, etwa bei der Eurofurence in Berlin, und beschloss, seine eigene Fursona zu gestalten – so entstand der Beutelwolf.

Suitwalk auf der Kaiserstraße

Was zunächst ein kleines Hobby war, wurde bald größer. Ben fing an, mit sechs anderen Freunden einen Suitwalk in Karlsruhe zu veranstalten. Der wurde mit den Jahren immer größer, mittlerweile zieht er Furries aus ganz Deutschland, der Schweiz und Frankreich an. Das Alter der Teilnehmer*innen variiert dabei stark – viele sind zwischen 20 und 40 Jahre alt, die bisher älteste Person war 86!

Suitwalk Karlsfurs Kaiserstraße Karlsruhe
Beliebt bei Passanten: die flauschigen Tiere sind ein begehrtes Fotomotiv auf der Karlsruher Kaiserstraße

Auf den Suitwalks nicht fehlen dürfen die „Spotter“, die aufpassen, dass den kostbaren Pelzanzügen nichts passiert, wenn etwa Passanten mit Eis oder Zigaretten in der Nähe sind. „Die Kostüme sind empfindlich. Schon allein, wenn wir uns gegenseitig zur Begrüßung kuscheln, nutzt sich das Kunstfell schnell ab. Meinen alten Anzug hatte ich fünf Jahre lang, danach war der durch“, weiß der Fursuiter.

Der nächste Walk findet am 21. Oktober um 13 Uhr statt. Er startet beim Aldi in der Innenstadt, zieht über die Kaiserstraße zum Karstadt und von dort aus zum Friedrichsplatz. Zurück geht es über die Erbprinzen- und dann die Waldstraße.

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