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Grenzpendler nach Karlsruhe
Foto: Imago/Eibner

Seuchenschutz oder Schikane?

Pendlerinnen und Lokalpolitiker wehren sich gegen ausgedehnte Grenzkontrollen

Wenn Sandrine Ochs um Viertel vor sechs zur Arbeit fährt, braucht sie viel Geduld. Von ihrem elsässischen Wohnort Seltz bis ins Klinikum Karlsruhe, wo sie im Sekretariat der Klinik für Onkologie arbeitet, fährt sie normalerweise 30 Minuten. Bei Stau auf der Rheinbrücke auch mal 45 Minuten. „Momentan dauern diese 35 Kilometer aber bis zu zweieinhalb Stunden“, erklärt die Französin in fließendem Deutsch.

Im Grenzort Scheibenhard kontrollieren Polizisten die Pendler-Bescheinigungen. „Dazu müssen sie unsere Personalausweise sehen, das ist klar“, so die Mitarbeiterin des Klinikums. Dass aber bisweilen auch Reifenprofile oder Erste-Hilfe-Kästen überprüft würden, findet sie schikanös. „Heute haben sie nachgesehen, ob mein Ausweis noch gültig ist, vor zwei Wochen ging es um meine Fahrzeugpapiere und den TÜV-Bericht.“

Beschwerden häufen sich
Ob sie Fieber oder andere Symptome habe, hätte dagegen seit Beginn der Kontrollen noch nie jemand an der Grenze gefragt, sagt Sandrine Ochs. Und eigentlich gehe es ja darum, zu verhindern, dass infizierte Menschen nach Deutschland einreisen. Auch viele Lokalpolitiker, bei denen sich Beschwerdebriefe von Arbeitgebern und Angestellten häufen, kritisieren die Wartezeiten an den deutsch-französischen Grenzübergängen.

„Wer am frühen Morgen 1,5 Stunden an der Grenze verbringt, denkt nicht an Seuchenschutz, sondern an Schikane“, zitierte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup einen Karlsruher Geschäftsführer. Der Mann, der Mitarbeiter und Lieferanten aus dem Elsass beschäftigt, habe ihm geschrieben, die Kontrollen müssten sich auf den Abgleich von Ausweis und Pendler-Bescheinigung beschränken.

Papiere griffbereit haben
Die Bundespolizei verweist neben der hohen Verkehrskonzentration zur Rush Hour auch auf Pendler, die ihre Papiere an der Grenze nicht griffbereit haben. So summiere sich die Wartezeit schnell, wenn viele Fahrer erst noch Dokumente hervorkramen müssen. Aber: „Von mehrstündigen Wartezeiten ist der Bundespolizei im Zuständigkeitsbereich der Direktion Koblenz nichts bekannt“, so Pressesprecher Christian Altenhofen.

Zu den Fahrzeugkontrollen erklärt er: „Die Bundespolizei misst der Leichtigkeit des Verkehrs bei ihren Grenzkontrolle eine große Bedeutung bei. Aus diesem Grund steht die Kontrolle von Fahrzeugen nicht im Mittelpunkt.“ Fallen den Beamten allerdings gravierende Mängel an einem Fahrzeug auf, die die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden, würden diese näher überprüft, so Altenhofen weiter.

Diskriminierung beim Einkaufen
Neben den Grenzkontrollen sorgt auch ein Teil der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg für Ärger: „Unterbrechungen der Fahrten, insbesondere zu Einkaufs- oder Freizeitzwecken, sind untersagt“, heißt es dort. Diese Regelung müsse verschwinden, fordert Karlsruhes OB Mentrup. Es sei eine bittere Realität, dass PendlerInnen zum Arbeiten in Deutschland gut genug sind, aber im Supermarkt zum Risiko würden.

So sieht es auch Sandrine Ochs: „Wenn die Leute abends nach der Arbeit zurück nach Frankreich kommen, haben sie wenig Möglichkeiten, dort noch einkaufen zu gehen.“ Sie selbst fühle sich fast wie eine Verbrecherin, wenn sie unterwegs in einer Bäckerei anhält, um ihr Mittagessen zu holen. „Ich arbeite in einem Krankenhaus mit Covid-19-Patienten, wir Pendler werden hier gebraucht und dann wird es uns so schwer gemacht. Das ist schon eine fragwürdige Situation.“

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