Bis zum 21. September funkelt der idyllische Ruderbootsee in der Günther-Klotz-Anlage noch ein wenig mehr: Auf ihm schwimmt das Kunstwerk des Karlsruher Bildhauers Murat Mutlu in Form einer Lotusblüte. Die durchsichtigen Blütenblätter reflektieren das Sonnenlicht deshalb so schön, weil sie aus Plastik bestehen – genau genommen aus mehreren Hundert PET-Flaschen.
Die Botschaft: Plastik sparen mit Leitungswasser
Initiatoren der Installation sind die gemeinnützige AG Fairantwortung, die Stadtwerke Ettlingen und die Stadtwerke Karlsruhe. Mit ihrer gemeinsamen Kampagne trinkfair versuchen sie, der breiten Öffentlichkeit die Vorteile von sauberem Leitungswasser nahezubringen. „Wer Wasser aus dem Hahn trinkt, kann nicht nur viel Geld sparen, sondern auch klimaschädliches CO2 und Plastikmüll vermeiden“, betont Fairantwortung-Vorständin Alice Knorz. 45 Millionen PET-Wasserflaschen könne man im Jahr allein in Karlsruhe einsparen, wenn alle Bürger auf Leitungswasser umsteigen würden.

Über den Sommer hinweg hat der Karlsruher Künstler Murat Mutlu, der auch als Bühnentechniker für die Schlosslichtspiele Ettlingen arbeitet, in seinem Garten die Skulptur aus rund 600 nicht-wiederverwertbaren Plastik-Flaschen geschaffen. Deren halbgeöffnete Blüte ist etwa einen Meter hoch und ruht mittig auf einem Blatt mit einem Durchmesser von zwei Metern. Dieses besteht aus einer 5mm dicken Kunststoffplatte mit Aluminiumkern, die durch eine schwimmende Lattenkonstruktion aus Holz verstärkt wurde – für den Betrachter unsichtbar unter der Wasseroberfläche.
Künstler hat enge Verbindung zum Wasser
Murat, der in Istanbul und Karlsruhe Bildhauerei studiert hat und seit sechs Jahren in der Fächerstadt lebt, scheint die optimale Besetzung für das Kunstprojekt aus leeren Wasserflaschen zu sein: Er stammt er aus einer Familie von Fischern, die nah am Wasser lebte. „Als Kind war es für mich nicht selbstverständlich, dass Wasser in hoher Qualität aus dem Hahn floss. Ich musste jeden Tag einige Kilometer weit zu einem Brunnen gehen und Trinkwasser holen“, sagt er.

Seine Skulptur aus Plastik soll darauf aufmerksam machen, wie viel unnötiger Müll durch das Trinken von Wasser aus PET-Flaschen entsteht. Die Form einer Lotusblume symbolisiert den berühmten Abperl-Effekt, dank dessen die Wasserpflanze für Reinheit und Schönheit steht. Sie wächst oft in trüben Tümpeln und bleibt dabei völlig sauber. Suggestiv kann sich der Betrachter des Kunstwerks die Frage stellen: Wie lange hält der Lotus-Effekt einer übermäßigen Gewässerverschmutzung noch stand?
Schön und schaurig zugleich
Karlsruhes Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup ist begeistert: „Im ersten Moment fesselt die Skulptur und ist ästhetisch-schön anzusehen. Dann bleibt einem die Freude im Hals stecken, weil man sich an mit Plastikflaschen verschmutzte Meere im Urlaub erinnert fühlt“, sagt er bei der Enthüllung am Freitag. Die Skulptur bringe in Erinnerung, wo Plastikflaschen überall landen, wenn man sie nicht vermeidet oder vernünftig recycelt. Mindestens 450 Jahre dauert es, bis sich Plastik im Meer zersetzt hat. Und ab dem Jahr 2050 rechnen Experten damit, dass mehr Plastikmüll im Meer schwimmen wird als Fische, sollte die Verschmutzung der Ozeane wie bisher weitergehen.

Ursprünglich war die Lotus-Skulptur als Bühnenbild-Element für die Ettlinger Schlossfestspiele vorgesehen – im Musical „The Kind and I“, das in Thailand spielt, dem Heimatland der Lotusblume. Wegen Corona kommt das Stück erst nächstes Jahr zur Aufführung. Bis dahin „tourt“ die Skulptur nun zu verschiedenen Veranstaltungen in der Region: Am Montagabend wird sie anlässlich der Energiewendeaktion 2020 im Open-Air-Kino Ettlingen zu sehen sein. So entspricht die Verwendung des Kunstwerks dem Gedanken der Nachhaltigkeit.
0 Kommentare Funkelndes Mahnmal gegen Plastikmüll