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Fotos: Stefan Jehle

Corona-Wahlkampf: Schlagabtausch zumindest auf Plakatwänden

FDP-Plakate in Karlsruhe werden von der PARTEI persifliert, die LINKE knöpft sich AfD-Werbung vor

In den letzten Wochen vor der Landtagswahl am 14. März tauchen in Karlsruher Straßen Persiflagen auf FDP-Plakate auf, während AfD-Werbung den einen oder anderen Zusatzkommentar erhält. Das hat auch mit der Pandemie zu tun, glaubt ein Karlsruher Kommunikationsexperte.

Wahlkämpfe fallen in dieser Zeit anders aus als sonst, weil ein direkter Kontakt zum Wahlvolk unmöglich ist. Deswegen bekommen neben etlichen Streaming-Events auch Plakate wieder eine neue Bedeutung. Sie müssen aus der Masse herausstechen, um Wählerinnen und Wähler zu erreichen. 

Ein Mantel aus Neonfarben

Die Liberalen haben ihren Job in dieser Hinsicht offenbar gut gemacht. Auf ihren Plakaten werden die Porträts der Kandidaten für die Landtagswahl am 14. März derart kühn in Neonfarben ummantelt, dass es schier unmöglich ist, sie zu übersehen. Prompt wurden sie deshalb nicht nur mündlich, sondern auch gestalerisch verspottet.

FDP-Plakat und Persiflage
Am Gutenbergplatz hängt das MAD-Maskottchen unter Patrik Mahlke von der FDP

Die Satiriker von Die PARTEI bringen die aufdringliche Optik so auf den Punkt: „Katzenminze fetzt“ schreiben sie auf ihren selbst gebastelten Repliken, die seit Kurzem unter Bildern der Karlsruher FDP-Kandidaten hängen. Eine weitere Verballhornung zeigt das Konterfei von MAD-Titelheld Alfred mit dem Text: „Meine Hobbys sind: Drogen und Politik“.

FDP-Plakate in politisch inhaltsleeren Kontext gestellt

Der Karlsruher Kommunikationsexperte Dr. Oliver Langewitz sagt, die Satirepartei kopiert das „psychedelische Layout“ der FDP-Plakate und stellt es in einen politisch inhaltsleeren Kontext. Der 44-Jährige kennt sich mit Bildsprache aus, denn er ist in der regionalen Filmbranche aktiv und lehrt die Themen Kommunikation, Film und Medien. „Insgesamt lässt sich an den Plakat-Parodien auch eine Kritik an der FDP ablesen“, sagt er.

Dr. Oliver Langewitz
Kommunikationsexperte Dr. Oliver Langewitz kennt sich mit Bildsprache aus

Die original FDP-Plakate senden durch die auffallende Farbkontur eine starke Signalwirkung. Ihr fast comichafter Stil bildet eine einfache Zielscheibe für satirische Überzeichnung, sagt Oliver Langewitz.

Er lässt aber auch durchblicken, dass es dabei nicht um Ernsthaftigkeit gehe. Die PARTEI bezeichnet ihre Wahlplakat-Persiflage als „Reaktionsmotive zur Spaßpartei FDP“. So negiert sie deren Wahlkampfbotschaften durch die eigene Bewertung zusätzlich, glaubt der Kommunikationsexperte. 

Auch DIE LINKE hängt Plakat-Zusätze auf

Öffentlich auf die Wahlkampfaussagen anderer Parteien reagiert auch DIE LINKE. Sie gehört aktuell nicht dem Landtag von Baden-Württemberg an und muss deshalb besonders um Aufmerksamkeit buhlen. „Windkraft schafft Arbeitsplätze“ steht auf einem kleinen Plakat-Zusatz am Ostring. Es kontert dem Slogan „Diesel schafft Arbeitsplätze“ der rechtspopulistischen AfD. Ein anderer Claim der Linken lautet: „CO2 ist Klimatod“ – im gleichen Farbton wie die AfD-Vorlage – als Entgegnung auf deren Motto „Fahrverbot ist Wirtschaftstod“. 

AfD-Plakat am Ostring mit Zusatz der Linken
DIE LINKE hat Wahlkampf-Plakate der AfD mit Kommentaren versehen

Erreicht diese Art der grafischen „Actio und Reactio“ die Wähler? Jedenfalls wird man durch die Plakat-Ergänzungen mit verschiedenen Perspektiven direkt nebeneinander konfrontiert und kann somit vor Ort entscheiden, welches Argument plausibler ist.

Oliver Langewitz sieht hier eine Konsequenz der coronabedingten Einschränkungen und des fehlenden Wahlkampfs mit seiner direkten Konfrontation. „Durch solche Gegenüberstellungen wird die Wahlkampfbotschaft der jeweils anderen negiert, sodass sich der inhaltliche Schlagabtausch in den öffentlichen Raum verlagert.“
Ganz praktisch eigentlich, wenn man sich nicht persönlich treffen kann. Bisher ist aber noch keine der übrigen Karlsruher Parteien nachgezogen. Ob da bis Sonntag noch was kommt?

1 Kommentar zu 1 Corona-Wahlkampf: Schlagabtausch zumindest auf Plakatwänden

  1. Schöner Artikel - danke. Die LINKE hat aber auch auf die Plakate von Grünen und CDU reagiert ;) Schließlich müssen auch diese kritischen "Wahlkampfbotschaften negiert" werden.

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