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App Articlett aus Karlsruhe
Fotos: Heike Schwitalla (2), KIT/Amadeus Bramsiepe (2)

Netflix für Zeitungen: Die Journalismus-App Articlett

Karlsruher Start-up bringt verschiedene Medienanbieter in einem Abo zusammen

Nachrichten auf dem Handy zu lesen gehört für viele Menschen zum Alltag. Doch verbirgt sich ein interessanter Artikel hinter einer Paywall, hält das oft davon ab, sich weiter damit zu beschäftigen. Dennoch würden die meisten für einen guten Artikel bezahlen, fürchten aber Abo-Fallen. Aus diesem Grund haben Studierende des KIT die Journalismus-App Articlett entwickelt.

Verschiedene Zeitungen in einem Abo

Nadezhda Prodanova, Raphael Fritz und Jonas Lerch wollen der Flut an Verträgen entgegenwirken, die kostenpflichtige Medien-Inhalte mit sich bringen. Ihre App stellt mit nur einem bezahlten Zugang kostenpflichtige Artikel verschiedener Zeitungen und Medienplattformen bereit. In erster Linie sprechen sie damit jungen Menschen an, die mit Streaming-Angeboten groß geworden sind und die Beschränkung eines Bezahl-Abos auf nur ein Medium nicht zeitgemäß finden.

Team von Articlett auf dem KIT-Campus in Karlsruhe
Die Articlett-Gründer Raphael Fritz, Nadezhda Prodanova und Jonas Lerch (v.l.)

„Für mich gab es nie das eine Medium, von dem ich unbedingt ein Abo wollte. Dabei hätte ich gerne für Texte bezahlt, nur festlegen wollte ich mich nicht. Deshalb habe ich überlegt, wie sich das zum Vorteil von Verlagen und Leser besser gestalten lässt“, beschreibt der 29-jährige Jonas Lerch die Idee, aus der sich Articlett entwickelt hat.

Er und seine Mitgründer haben ein Abo entwickelt, das von Mobilfunkverträgen inspiriert ist: „Die Leserinnen haben ein Wörterkontingent, das sie für alle Bezahlinhalte unserer Partner einsetzen können. Wer mehr lesen will, wählt einfach einen größeren Tarif“, so Jonas.

Journalismus-App ohne Filterblasen

Seit einem Jahr arbeiten die drei Gründer an dem Projekt, jetzt ist Articlett in den App-Stores erhältlich. „Nadezhda und Raphael haben Informatik am KIT studiert, ich bin Medienwissenschaftler. Zusammen forschen wir am KIT auch daran, wie sich Meinungsfilterblasen verhindern lassen“, erklärt Jonas Lerch den Background der Jungunternehmer. Während die meisten Plattformen Algorithmen nutzen, die lernen, was dem Leser gefällt – und ihm automatisch immer mehr davon geben – suchen sich die Leser bei Articlett ihre Inhalte selbst aus. Das soll verhindern, dass sich der eigene Horizont verengt, indem man nur liest, was die eigene Meinung bestärkt.

Jonas Lerch vom Start-up Articlett
Geschäftsführer des Karlsruher Journalismus-Startups: Medienwissenschaftler Jonas Lerch

Seit die App auf dem Markt ist, wurde sie bereits einige Hundert Mal heruntergeladen, meist aus dem Karlsruher Umfeld der Studierenden, die ihr Start-up seit Mai 2020 im CyberLab des Landes Baden-Württemberg in der Hoepfner Burg angesiedelt haben.
Ihr Produkt soll auch in Zukunft hauptsächlich junge Menschen ansprechen: „Unser Wörterabo wird sich auf absehbare Zeit – auch nach Einführung der kostenpflichtigen Tarife – nur an Studierende richten. Langfristig überlegen wir aber, wie wir das Angebot allen zugänglich machen können.“ Auch Nicht-Studierende können die App derzeit kostenlos herunterladen und die frei verfügbare Artikel ohne Anmeldung nutzen.

Verlage erreichen junge Zielgruppe

Für Verlage ist die Karlsruher Journalismus-App spannend: Sie haben die Chance, ihre Inhalte an User zu verkaufen, die sich grundsätzlich dafür interessieren, aber wegen eines einzelnen Artikels nie ein Abo abschließen würden. Mit Articlett können die Inhalte aller teilnehmenden Partner gelesen werden. „Wenn ich einen Artikel mit 500 Wörtern öffne, werden die von meinem Kontingent abgezogen, ich kann den Artikel aber beliebig oft lesen“, beschreibt Jonas das Prinzip. 

Articlett bietet Artikel etlicher Medien
Die Medien-App bietet in ihrem Abo Inhalte verschiedener Verlage

Kostenlose Inhalte für Articlett stellen derzeit taz, Tagesschau, jetzt.de und Science Notes bereit. Premium-Inhalte gibt es zudem von Mittelbayerische Zeitung, Missy Magazin und Perspective Daily. „Momentan verhandeln mit weiteren Partnern. Die Zeitungen sehen in Articlett eine Möglichkeit, an die begehrte Zielgruppe der Studierenden heranzukommen“, sagt Mit-Gründer Jonas. „Momentan möchten wir bei Usern und Verlagen bekannter werden, Ende des Jahres führen wir Bezahltarife ein. Dann funktioniert die Zusammenarbeit als Revenue-Share-Modell. Dabei behalten wir einen Teil der Abogebühren und schütten den Rest entsprechend der gelesenen Wörter an die Verlage aus.“

Langfristig soll dann eine möglichst große Bandbreite regionaler und internationaler Medien über Articlett angeboten werden. Im Blickpunkt stehen dabei auch kleinen, innovative Angebote, die Journalismus neu denken.

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