Lieferdienste in Karlsruhe bringen schon lange nicht mehr nur Essen an die Haustür. Gerade durch Corona, aber auch schon vorher, haben sich in der Fächerstadt verschiedene Modelle entwickelt, um den Branchenriesen entgegenzutreten. Sie zeigen, dass es auch lokal funktioniert, im Internet einzukaufen und zeitnah beliefert zu werden.
Radkurier: feste Touren und spontane Aufträge
Beim Radkurier Karlsruhe transportieren 28 Fahrerinnen und Fahrer von Akten bis Sperrgut so gut wie alles durch die Stadt. „Morgens und abends gibt es feste Touren, bei denen wir Postfächer leeren, Dokumente für Planungsbüros oder Blutproben für Labore von A nach B bringen. Wir liefern auch Kita-Catering aus und fahren für Apotheken Medikamente zu älteren Kunden“, sagt Radkurier Tomasz Kudlej (Foto oben, links).
Zu den festen Touren kommen pro Tag etwa 120 spontane Aufträge. Sie werden im Hauptquartier mit guten Nerven und Fingerspitzengefühl auf die geplanten Strecken der Kollegen verteilt. „Das ist die Kunst der Disponenten – Leerfahrten sind selten“, erklärt Tomasz. Auch Karlsruher Geschäfte nutzen diesen Dienst, zum Beispiel Basislager, Zuckerbecker und El Corazón. „Als die Pandemie begann, bot die City Initiative einen kostenlosen Fahrrad-Lieferservice an – das ist explodiert“, erinnert sich Radkurier Peter Bube (Foto oben, rechts). „Plötzlich mussten wir jeden Tag 450 Spontanlieferungen bewältigen.“
Lieferdienste für Händler in Karlsruhe
Anfangs wurden die Massen an Sendungen nach Himmelsrichtungen sortiert und Aushilfsfahrer aus der Gastro rekrutiert, um den Ansturm zu bewältigen. Beim zweiten Lockdown gab es dann schon ein Regalsystem und ein elektronisches Kundenportal für die Händler. So entstand eine Idee, die auch nach der Pandemie verfängt: Eine Verkaufsplattform für Karlsruhe namens Lokarl, eine Art kleines Amazon mit Produkten aus Karlsruher Geschäften.
Ähnlich das Konzept von TheLocalOne, das drei KIT-Studenten im Gründerwettbewerb GROW entwickelt haben. Anfang 2021 begannen sie, Lebensmittel regionaler Anbieter und Erzeuger auszufahren. „Am liebsten lassen sich die Kunden Getränke liefern. Wer schleppt die schon gerne selbst nach Hause?“, sagt Lukas Wagner. Er betreibt den Lieferservice zusammen mit Jannik Nefferdorf und Han Völker. Auch Backwaren und Kaffee stehen in Karlsruhe hoch im Kurs, geliefert wird von Mühlburg bis Durlach.
Angst, dass ihr Geschäft nach dem Lockdown weniger erfolgreich ist, haben die jungen Unternehmer nicht: „Wir gehen davon aus, dass unsere Kunden beim Lebensmittel-Kauf nachhaltig umdenken und vielleicht sogar noch mehr liefern lassen. Viele empfinden es als Erleichterung, nicht von Laden zu Laden rennen zu müssen“, fasst Lukas zusammen.
Plattform für Essensbestellungen
Seit der Pandemie gibt es mit LieferBär auch eine lokale Plattform für Essenslieferungen. Geschäftsführer Onur Tural nimmt es mit den Großen seiner Branche auf. „Ich habe LieferBär gegründet, weil viele Gastronomen über Lieferando und Co. klagten. Sie fühlen sich Monopolisten ausgeliefert – bei Provisionen von 13 Prozent lohnt sich Liefer-Essen oft nicht mehr“, erklärt Onur, der bei LieferBär nur sechs Prozent Provision vom Bestellpreis verlangt. Allerdings liefert seine Firma auch nicht selbst aus, sondern stellt nur die Plattform bereit. Momentan nutzen schon 35 Restaurants in Karlsruhe die Website und liefern das darüber bestellte Essen dann jeweils selbst aus.
Auch wenn der Lockdown vorerst vorbei ist und die Menschen wieder essen gehen, glaubt Onur an seinen lokalen Ansatz. Zumal auf seiner Seite auch etliche Rabatt-Aktionen winken. Doch sein Service soll künftig auch skalieren und von Karlsruhe auf Städte wie Stuttgart, Bruchsal oder Germersheim übertragen werden. „Wir würden uns auch gern in Berlin etablieren – das würde schon wegen des Namens super passen“, sagt Onur Tural.
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