Aufgeblasener Kunstkritik-Sprech und Missverständnisse des Publikums sind die Themen in den Klang-Installationen von Stephan von Huene. Seine mechanisch-technologischen Skulpturen lösen durch Bewegungssensoren aus, sobald man sich ihnen nähert.
Sprechen über Kunst
Die Arbeit Eingangsfragen – Ausgangsfragen sagt dann zum Beispiel: „Wo hängt das Bild der Witwe Bolte?“ Die Stimme aus dem Off gibt Fragen von Museumsbesuchern wider, die ein Mitarbeiter der Gemäldegalerie in Berlin Dahlem einst notiert hat. Untermalt wird das Gesprochene durch laute Orgelpfeifen, die versuchen, es nachzuflöten.
Lautstark intoniert die Installation „Blaue Bücher“ pathetische Beschreibungen aus kunsthistorischen Büchern, während ein Diaprojektor dazu bekannte Kunstwerke wie etwa das Königsportal von Chartre auf eine Trommelbespannung wirft.
Museumsbesucher hatte Angst vor Bild
Drei andere Exponate rufen affektiert „Intertextuality!“, „Powerstructure!“, „Temper Identity!“, dazu ertönen Orgelpfeifen, die in knalligem Rot, Gelb und Blau gestrichen sind. Die Nachbar-Vitrine verrät die Inspiration für dieses Werk: Dort liegt ein Zeitungsartikel über einen Studenten, der aus Angst vor dem Bild „Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue“ von Künstler Barnett Newman mit einer Stange auf das 2,7 Millionen Mark teure Bild einschlug.
Das ZKM erhielt zentrale Arbeiten des Künstlers als Schenkung von dessen Frau Petra Kipphoff. Die Feuilletonredakteurin der Zeit kam zur Eröffnung der neuen Schau What’s wrong with Art? und sagt: „Ich komme immer gerne nach Karlsruhe, denn weder in Kalifornien noch in Hamburg ist eine solche Ansammlung seiner Arbeiten zu finden wie im ZKM.“
Viel Ironie in beiden Ausstellungen
Stephan von Huene (1932–2000) wurde in Los Angeles geboren, lebte lange Zeit in Hamburg und hatte eine enge Verbindung zur Fächerstadt: Er lehrte fünf Jahre lang an der HfG. Seit Ende der 1960er-Jahre prägte er die europäische Kunst-Avantgarde mit seinen interaktiven Medieninstallationen, die ebenso von Ironie geprägt sind wie die Arbeiten von Ed und Urs Kiënder in der zweiten neuen ZKM-Ausstellung:
Rollobjekte. Vom Raumbild zum Rollraum, eine von Frederik Schikowski (großes Bild) kuratierte Ausstellung, zeigt ein dreidimensionales Raumrelief in mehreren Schichten. Es war in den 1960ern eines der ersten begehbaren Environments in Deutschland.
Rollen waren zentrales Thema
In seinem „Roll-Laden“ bot Ed Kiënder mit schelmischem Grinsen Rollen aller Art an: Wie in einem Geschenke-Shop platziert, erinnern sie mit ihren Taft-Schleifen an feierliche Urkunden. Bei der Beschäftigung mit Rollen kam auch das Medium Film – damals ein auf Spulen aufgerolltes Medium – vor. Der Film „Flick-Flack“ von Gerd Winkler aus dem Jahr 1970 stellt die kuriosen Rollengeräte der Kiënders dar, die von Artisten in verrückten Kostümen bewegt werden.
Diese Aktionsgeräte fallen auch heute noch aus der Rolle, denn das Museumspublikum darf sie selbst benutzen. Zum Beispiel „Die Lauftonne“, die im ersten Moment an die James-Bond-Eingangssequenz mit Agent im Pistolenlauf erinnert.
Laut Werbeplakat dämpft dieser Rollraum „fehlgesteuerte vegetative Impulse“ und „löst Spasmen im Verdauungstrakt“ – in jedem Fall kurbelt er aber den Kreislauf an. Die ZKM-Besucher dürfen das überdimensionierte Hamsterrad – ohne Schuhe und auf eigene Gefahr – selbst testen!
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